Werbung für Fleisch – Verwirrspiel im Supermarkt

Verbraucherzentralen prüfen Angaben zur Tierhaltung

Wer beim Fleischkauf auf die Tierhaltung achtet, findet im Handel keine echte Orientierungshilfe. Das hat eine aktuelle Untersuchung der Verbraucherzentralen ergeben. Überprüft wurden die Werbeaussagen von Produzenten und Händlern zur Tierhaltung von Schwein, Rind und Geflügel. „Beim Einkauf  sind Verbraucher*innen einer Flut an Siegeln und Werbebotschaften ausgesetzt. Diese bieten kaum Orientierung“, so Gudrun Köster von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.

In einer bundesweiten Stichproben-Untersuchung haben die Verbraucherzentralen in Lebensmittelgeschäften von 17 Handelsketten die Kennzeichnung und Werbung für Fleisch aus konventioneller Tierhaltung geprüft. Das Ergebnis: Verlässliche und nachvollziehbare Angaben zu Tierschutzstandards sind die Ausnahme. Ein Vorbild bieten die EU-Vermarktungsnormen für Geflügel. Diese legen die Kennzeichnungen „Extensive Bodenhaltung“, „Freilandhaltung“, „Bäuerliche Freilandhaltung“ und „Bäuerliche Freilandhaltung – unbegrenzter Auslauf" fest. Die Normen schreiben genau vor, wie viel Platz die Tiere haben, wie groß ihr Auslauf ist und wie sie gefüttert werden. Damit bietet diese Kennzeichnung eine gute Orientierung.

„Weidehaltung“ hat keine Bedeutung
Beim Schweine- und Rindfleisch ist das Angebot mit verlässlicher und nachvollziehbarer Werbung sehr mager. So werben zum Beispiel die Handelsketten Aldi, Edeka, Hit, Lidl, Rewe und Real mit Fleisch aus „Weidehaltung“. Verbraucher*innen suchen dort aber vergeblich nach Informationen, was der Begriff bedeutet. Beschönigende Bilder und Werbesprüche zur Tierhaltung sind in allen Discountern und Supermärkten zu finden. Beispiel Schweine-Minutensteaks bei Netto: Ein Foto auf der Vorderseite der Verpackung zeigt Schweine in Freilandidylle. Das Bild steht im krassen Widerspruch zur Kennzeichnung auf der Rückseite. Das dort genannte Haltungszeugnis der Stufe 1 entspricht lediglich dem gesetzlichen Mindeststandard der Stallhaltung. „Mit solchen Marketing-Tricks werden Kunden hinters Licht geführt. Ihre Erwartung von Fleisch aus besserer Tierhaltung wird nicht erfüllt“, kritisiert Köster. „Begriffe wie „artgerecht“, „tiergerecht“ oder „Tierwohl“ sind rechtlich nicht geschützt, werden aber willkürlich genutzt“.

Staatliche Tierwohlkennzeichnung gefordert
Die Verbraucherzentralen fordern den Handel auf, nach dem gesetzlichen Mindeststandard produziertes Fleisch nicht mit irreführenden Begriffen zu bewerben. Mit Begriffen  wie „Weidehaltung“, „mehr Platz“ oder „kleinere Tiergruppe“ sollten Hersteller nur dann werben, wenn die Bedeutung für Verbraucher*innen nachvollziehbar ist. Aufmachungen ohne echte Informationen sind nichtssagend und wecken falsche Erwartungen. Der Gesetzgeber sollte zeitnah eine verpflichtende mehrstufige Tierwohlkennzeichnung einführen, um Verbraucher*innen Orientierung beim Fleischeinkauf zu bieten und den Wildwuchs der Label einzudämmen. Der Gesetzgeber sollte außerdem dafür sorgen, dass die Haltungsvorschriften für diese Tierwohlkennzeichnung deutlich über dem gesetzlichen Mindeststandard liegen.

Die Ergebnisse und den vollständigen Untersuchungsbericht zu Werbung  mit  Tierhaltung im konventionellen Fleischangebot finden Interessierte unter www.verbraucherzentrale.sh/marktcheck-fleischwerbung.
Mehr Informationen zum Thema unter www.verbraucherzentrale.sh/tierwohl.

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