Lockdown Tanz-Theater-Performance 11. und 25.6.22

© Berend Neumann

Die traumatischen Erfahrungen vieler Menschen während der Corona Pandemie verarbeitet Angelika Neumann in ihrer Tanz-Theater-Performance mit szenischem Spiel, zeitgenössischem Tanz und Videoprojektionen. Die zentralen Fragen des Projektes lauten:

Wie hat uns die Pandemie verändert? Was ist mit uns passiert? Welche unsichtbaren Narben, welche unterschwelligen Veränderungen bleiben zurück?

Seit Beginn der Corona Pandemie im Frühjahr 2020 hat sich das gesellschaftliche Leben global grundlegend verändert. Zuvor schienen die spätmodernen Gesellschaften über stabile soziale Strukturen und ein routiniertes Wirtschaftssystem zu verfügen, welche individuelle Freiheit, Konsum und Wohlstand garantierten. Es war unvorstellbar, dass von Heute auf Morgen diese Freiheiten radikal eingeschränkt und das Wirtschaftsleben auf nahezu null reduziert werden könnten.

Doch ein unsichtbarer, schwer messbarer, winziger Organismus, der sich in der Umgebung von feuchten, warmen und gut belüfteten Schleimhäuten gerne niederlässt und dort zügig vermehrt, brachte weltweit Gesellschaften ins Wanken und machte mit der individuellen Freiheit kurzen Prozess.  

Wenn der eigene Atem staatlichen Gesetzen unterworfen wird
Das Unvorstellbare wurde möglich – in vielen Ländern wurde flächendeckend das öffentliche und wirtschaftliche Leben heruntergefahren und Ausgangssperren verhängt. Es wurde genau geregelt, wer seine Wohnung für welche Zwecke und wie lange verlassen durfte. Jeder soziale Kontakt wurde zu einem nicht abschätzbaren Risiko. Das gemeinsame Atmen in Innenräumen wurde zur größten Gefahr. Der Atem als Hauptvirenträger musste gesetzlich reguliert und in sichere Bahnen gelenkt werden. Der sicherste Weg im Angesicht einer unbekannten, hoch ansteckenden Krankheit war die Selbstisolation in der eigenen Häuslichkeit. Doch so auf sich selbst zurückgeworfen, waren Viele ihren Ängsten und schlimmsten Befürchtungen ausgeliefert. Die eigenen vier Wände wurden zu einer Sicherheitskapsel in einem feindlichen Universum. Die Mitmenschen und Haustiere in dieser Kapsel wurden zum sozialen Notnagel, zum Ventil, zur Rettung und manchmal zur Verdamnis. Das eigene Leben wurde stillgelegt und dann plötzlich wieder hochgefahren, als sich die Mühlen des Homeoffice, des Homeschoolings und der Pflege des Familienlebens innerhalb von ein paar Quadratmetern wieder in Bewegung setzten. Viele ältere Menschen mussten in Einsamkeit diese über ein Jahr andauernden Kontaktsperren durchleben. Menschen starben, ohne ihre Angehörigen ein letztes Mal sehen zu dürfen. Die Corona Pandemie hat den meisten Menschen viel abverlangt und tiefe Wunden geschlagen.

Gräben überwinden - Tanz aus dem Corona Trauma
Während der öffentliche Diskurs sich im Streit über Fakten, Werte und unterschiedliche Narrative erschöpft, thematisiert "LOCKDOWN" die gemeinsam geteilten Erfahrungen und Reaktionen. Die Szenen konzentrieren sich auf die Körper, die Psychen, das Verhalten und die Interaktionen zwischen den Menschen und mit der medialen Welt.  Aus dem Trauma Einzelner wird ein gesellschaftliches Trauma, dessen Bearbeitung dringend notwendig ist. Die Tanz-Theater-Performance leistet den Beitrag, sich der eigenen Erfahrungen während der Pandemie bewusst zu werden und diese Erfahrungen zu teilen. So kann eine Basis für einen Austausch geschaffen werden, der die tiefen Gräben zwischen Menschen mit unterschiedlichen Auffassungen zum Verlauf der Pandemie zu überbrücken beginnt. Zeitgenössischer Tanz orientiert sich an alltäglichem Verhalten und ist dadurch besonders geeignet, die in die Körper eingeschriebenen Erfahrungen der vergangenen Monate darzustellen und spürbar zu machen. Die Videoprojektionen verarbeiten die widersprüchliche und hitzige Informations- und Reaktionsflut in den staatlichen und sozialen Medien. Der tanzende Körper setzt die angestauten Gefühle und nur halb bewussten Gedanken frei und macht so Transformation auf der Bühne und im Zuschauerraum möglich.

Im Anschluss an die Premiere werden Fragen zu den Prozessen der Traumatisierung und zur künstlerischen Entwicklung des Projektes in einem Podiumsgespräch mit den Mitwirkenden und der Autorin, Trauma-Expertin und Coach Pamela Bessel diskutiert. Pamela Bessel ist Initiatorin und Betreiberin der „Bunten Räume Lübeck“, einem Zentrum für Gesundheit und Entwicklung in dem Veranstaltungen, Trainings und Therapien unterschiedlicher Ausrichtungen stattfinden. Ausschnitte aus diesem Gespräch können bei der zweiten Veranstaltung vor und nach der Aufführung per Video eingesehen werden.

„Lockdown“ wird gefördert durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schleswig-Holstein, die Possehl Stiftung Lübeck, die Hansestadt Lübeck

Zu den Beteiligten
Die Schauspielerin und Tänzerin Angelika Neumann arbeitet in freien Tanz- und Performance-Projekten vornehmlich in Schleswig-Holstein. Mit dem TanzTheaterEutin unter der Leitung der aus Ungarn stammenden Choreografin Krisztina Horváth hat Angelika Neumann viele Tanztheater Projekte aufgeführt. Gemeinsam erforschen sie die Verbindung von Text, Musik und Tanz in der Tradition von Künstlerinnen wie Valeska Gert und Pina Bausch.
Im Rahmen des „Tanz und Performance Netzwerks Schleswig-Holstein TuP.SH“  und des Netzwerk-Programms „tanz.nord“ wirkt Angelika Neumann an der Stärkung von Kunst und Kultur im ländlichen Raum und der Vernetzung von Kunstschaffenden der Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg mit. In ihren eigenen Projekten verbindet sie historische und aktuelle Themen. Der bildende Künstler Berend Neumann führt bei LOCKDOWN Regie und gestaltet das Bühnensetting. Die Choreografin und Tänzerin Katja Grzam aus Mecklenburg-Vorpommern arbeitet seit vielen Jahre freischaffend im Raum Lübeck und war lange Zeit am Lübecker Theater aktiv. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt an der Schnittstelle zwischen zeitgenössischem Tanz, Theater und Performance-Kunst.
Soundkompositionen des Berliner Musikers Ole W. Traving und Flötenmusik aus klassischer und moderner Literatur eingespielt von der in Lübeck lebenden Flötistin Elisabeth Oltzen bilden den musikalischen Boden für Bühnengeschehen und Tanz.
In „LOCKDOWN“ werden unterschiedliche Haltungen zu Pandemie darstellerisch aufgegriffen. Der künstlerische Prozess setzt auf einer tieferen Ebene der Emotionen und unbewussten Prozesse an, bei Erfahrungen, die wir fast alle teilen und auf deren Basis wir eine neue gemeinsame Perspektive auf das Geschehen erlangen können. Karten zu 17,- € (ermäßigt 12,- €) zzgl. Vorverkaufsgebühr gibt es bei www.luebeck-ticket.de und an den bekannten Vorverkaufsstellen in Lübeck. Die Vorstellung dauert eine Stunde, bei er Premiere folgt im Anschluss nach einer kurzen Pause das Podiumsgespräch. Es gelten die aktuellen Corona Regelungen.



„LOCKDOWN – TANZ AUS DEM CORONA TRAUMA”
Tanz-Theater-Performance unter der Leitung von Angelika Neumann

Sa. 11.06.2022 und Sa. 25.06.22 um 19:30 Uhr in den
BUNTEN RÄUMEN LÜBECK, Schwertfegerstraße 9

Eintritt: 17,- € / ermäßigt 12,- €



Weitere Informationen finden Sie unter www.open-dance-experience.de



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