Hannah Köpf - Cinnamon

Freitag | 23.10.20 | 20:00 Uhr | LiveCV | CVJM | Große Petersgrube 11 | Lübeck

Intime Texte, soulige Arrangements und eine countryaffine Jazz-Band: Hannah Köpfs „Cinnamon“ ist ein Americana-Jazz-Album, made in Köln.

Hannah Köpf ist nicht Norah Jones. Aber der musikalische Kosmos, den die Kölner Singer/Songwriterin auf ihrem vierten Album „Cinnamon“ erschaffen hat, braucht sich vor der Sängerin von der anderen Atlantikseite nicht zu verstecken. Folk, New- Orleans-Soul, Americana, Jazz und Southern Country klingen bei Hannah Köpf so natürlich, als habe sie schon als Kind nie etwas anderes gehört als diese uramerikanischen Gattungen.

Köpf hat den Lyrics dieses Mal mehr Zeit denn je gewidmet, und sich dabei auch an US-KünstlerInnen orientiert. „Texten ist harte Arbeit, ein echtes Handwerk“, sagt die 1980 geborene studierte Jazz-Sängerin. Bei Versuchen, nach der Art bestimmter Songwriting-Stile zu komponieren, entstand eine Hommage an die weitgehend unbekannte Singer/Songwriterin Judee Sill: „Fools and Fallen Angels“. Die Zeile „Cheer the fool while the angels fall“ ist als direkte Anspielung auf handelnde USPolitiker zu verstehen, welche mäßigende Stimmen ignorieren.


„Ich möchte mit meinen Texten Emotionen wecken“, sagt Köpf. „Aber auch politisch schreiben, ohne dass man es gleich merkt. Man fragt sich schon: was ist das für eine Welt, in der meine Tochter aufwachsen muss?“ Seit zwei Jahren ist Hannah Köpf Mutter. Ihre ohnehin stark persönlich gefärbten Texte hat das geprägt. „Golden Leaves“ nimmt die Perspektive ihrer Tochter ein, und wie sie später womöglich über ihre Eltern denken mag. Der Titelsong „Cinnamon“ beschreibt den Proustschen Madeleine-Moment der Singer/Songwriterin: der Geruch von Zimt transportiert sie sofort in ihre Kindheit und in die Küche der Großmutter.


Leben, Tod und Familie – diese Themen dominierten schon das hochgelobte Album „Lonely Dancer“, über das die Jazz Thing schrieb: „Diese Lieder könnten einen Platz im Songbook von Emmylou Harris bekommen.“ Auch das erneut liebevoll von der Künstlerin Tamina Duscha gestaltete Cover beweist eine Kontinuität mit dem Vorgänger.

Gerne wird die Melancholie hervorgehoben, die Wehmut, die in diesen feinsinnigen Texten liegt. Der brillantklare Gesang von Hannah Köpf, ihre Fähigkeit, mit ihrer Stimme mühelos Genregrenzen zu überschreiten. Alles daran ist richtig. Doch ist es ebenso bemerkenswert, mit wie viel Dynamik, Wucht und Soul diese Songs musikalisch gestaltet sind. Kurz – mit einem Können, wie man es sonst bei Bands mit solch beschränktem Produktions-Budget selten hört. Schon 2015 hat Köpf begonnen, mit ihrem Partner Tim Dudek im eigenen Studio aufzunehmen. Dudek, studierter Drummer, der mit Jazz-Assen wie Axel Fischbacher ebenso tourt wie mit der eigenen Pop-Band Luciel, komponierte die Musik und war für Produktion, Aufnahme und Mixing zuständig.


„Er ist mein schärfster Kritiker und nimmt nie ein Blatt vor den Mund. Aber schlussendlich hat er leider immer Recht,“ lacht Köpf. Partnerschaftliche und professionelle Konflikte lieferten den Stoff für „You were right again“, in dem Köpf offen über Wutanfälle und eigene Schwächen singt. Das Duo wird unterstützt von einer Schar bekannter Musiker wie Gitarrist Hanno Busch oder Pianist Sebastian Sternal. Köpf: „Das sind Jazzer, die auch auf Country stehen. Die können aus dem Bauch ein Gefühl entstehen lassen, denen muss man nicht erklären, was man hören will.“ Mit Dobro, Fiddle und Slide Guitar fährt „Cinnamon“ das klassische Nashville- Country-Besteck auf.


Es ist diese Liebe zum Detail, die das Album so besonders macht. Das zierliche Cello von Nathan Bontrager , oder das Tenorsaxophon von Denis Gäbel, der auf der Hälfte der Songs zu hören ist, ohne sich je in den Vordergrund zu drängen.

Neben Joni-Mitchell-inspirierten Balladen wie „Golden Leaves“ hat das Duo Köpf/Dudek einige beachtliche Uptempo-Songs komponiert: „There When You Need Me“ mit feinstem Soul im New-Orleans-Stil – Handclaps, swingendes Piano und triumphal bluesige Bläserarrangements, die vom Bigband-erfahrenen Dietmar Mensinger (Tom Gaebel) stammen. Ray Charles lässt grüßen. Das optimistische „Paper Boat“ steigert sich von einem introvertierten Blues zu einem gospeligen Schunkler. „Velvet Sky“ beendet das Album ganz intim, nur instrumentiert mit den virtuos gezupften Gitarren von Busch und Dudek. „Zum ersten Mal bin ich vollkommen happy mit einem Album. Es passt alles, bei jedem Song.“ All killer, no filler.

« Jerry K. ReedPaul Fogarty »