Perfektes Segelprogramm, glückliche Athleten

Neun Tage Segelsport der Extraklasse bei Sonne satt und wenig Regen, Wind für alle Gewichts- und Leistungsklassen von leicht bis deftig, ein kompaktes Programm in den 22 Wettbewerben, zufriedene Segler und stimmungsvolle Ehrungen der Sieger: Das Abschlussgespräch mit dem Sportlichen Leiter der Travemünder Woche, Jens Kath, und dem Obersten Wettfahrtleiter Anderl Denecke war geprägt von einem Strahlen in den Gesichtern der Regattaverantwortlichen, die aber nicht ihren kritischen Blick auf das Geschehen verloren.

„Es waren insgesamt Traumbedingungen. Die Lübecker Bucht hat alles gezeigt, was man einem Segler bieten kann – wirklich bestes Segeln. Die Seebrise in den vergangenen Tagen war kräftig, aber die Wettfahrtleitungen haben es so gestaltet, dass es nicht überfordernd war“, analysierte Anderl Denecke, und Jens Kath ergänzte: „Gerade bei den Laser-Jugendlichen, die von Montag bis Samstag gesegelt sind, hat sich gezeigt, dass nur der gewinnt, der bei 5 Knoten Windgeschwindigkeit genauso segeln kann wie bei 25 Knoten. Und die, die den Titel geholt haben, haben es absolut verdient.“


Mit Ausnahme der 12' Dinghys, die sehr windanfällig sind und damit nur eine Wettfahrt schafften, konnte allen Klassen ein umfangreiches Wettfahrtprogramm geboten werden. 13 von 22 Klassen segelten alle geplanten Rennen, die anderen hatten nur wenige Ausfälle. „Wir sind wirklich mehr als im Soll. Die IDM Seesegeln hatte ein sehr ambitioniertes Programm. Da muss man mit dem DSV sprechen, ob da ein Tag länger nicht sinnvoll wäre. Eventuell müsste die Meisterschaftsordnung überarbeitet werden“, sagte Jens Kath.


Bei den Meldezahlen gab es hingegen nicht nur Freude auf Seiten der TW-Verantwortlichen. „Da gibt es mehr Potenzial. Die Laser-Jugendklassen waren super, die Teenys haben überrascht. Für die Europameisterschaft der O'pen Skiff hatten wir deutlich mehr erwartet. Das war von der Klasse vorher auch so angekündigt worden“, so Denecke. Auch bei den Erwachsenen-Klassen war es unterschiedlich. „Finns, O-Jollen und Kielzugvögel hatten für Ranglistenregatten tolle Zahlen. Die H-Jollen waren ein erster hoffnungsvoller Anlauf, die Formula 18 haben unter der WM gelitten, die gerade erst zu Ende gegangen ist. Dass es bei den 505ern aufgrund der zu geringen Beteiligung nicht zu einer Deutschen Meisterschaft gereicht hat, ist sehr schade. Und auch die J/70 sind in der Quantität unter Wert gesegelt.“ Terminengen und zu wenig Werbung in den Klassen selbst waren ein Teil der Gründe. Aber Kath und Denecke sind zuversichtlich: Denn diejenigen, die zur TW gesegelt sind, haben besten Segelsport erlebt, so dass sich die schwächelnden Klassen mit entsprechender Mundpropaganda wieder stabilisieren sollten. Aber das Problem schwindender Meldezahlen ist nicht nur bei der TW zu beobachten: „Die Klassenvereinigungen sollten ihre Regattakalender ein wenig aufräumen, und deutliche – vielleicht auch wechselnde – Regatta-Höhepunkte im Jahr setzen. Denn die Teams freuen sich auch, wenn sie in großen Feldern segeln“, sagte Jens Kath.

 

Die Regatta-Verantwortlichen Anderl Denecke (oben) und Jens Kath freuten sich über ein tolles Segelprogramm zur Travemünder Woche. Foto: segel-bilder.de

Prächtige Resonanz gab es auf die Deutsche Meisterschaft im Seesegeln: „Das Konzept, alle an einen Steg zu legen, kam super an. Auch die Wettfahrtleitung hat perfekt funktioniert. Da haben wir sicherlich eine Benchmark gesetzt und gezeigt, wie Segelsport hier zur Travemünder Woche funktionieren kann“, so Denecke. Der Start zur Langstrecke in der Trave hat für Nervenkitzel auf den Booten und an Land gesorgt und den Sport hautnah erlebbar gemacht. Auch wenn es eng auf dem Wasser wurde, haben die Segler das Format gelobt. Denecke: „Es kam das klare Feedback der Segler, dass es die beste Nummer überhaupt war. Eng am Start geht es draußen auch zu, aber hier war es direkt dran am Publikum.“
Diese Nähe soll auch in Zukunft weiter gestärkt werden. Gerade bei den Übertragungen der Wettbewerbe auf die LED-Wände gibt es nach der Reduzierung des TV-Angebots durch den bisherigen Partner wieder Nachholbedarf. Denn die Erlebbarkeit des Segelsports ist ein Erkennungsmerkmal der Travemünder Woche. „Die Besucher kommen dafür her. An Land sitzen zu können und den Segelsport zu genießen, macht unser Event aus. Und auch die Segler wollen das, denn sie müssen alle Werbung für ihren Sport betreiben“, setzt Jens Kath auch in Zukunft auf das Live-Erlebnis.


Die Planung für das kommende Jahr ist bereits wieder vorangeschritten. Das Seesegeln soll weiter ausgebaut werden. Über eine Langstrecke bis an den östlichen Punkt an der deutschen Ostseeküste wird nachgedacht. In 2020 werden die RS-Klassen, die immer gern nach Travemünde kommen, mit einer großen Meisterschaftsflotte anreisen. Die RS Feva, die RS Tera und die RS 500 ermitteln ihre Weltmeister in der Lübecker Bucht. Die Laser 4.7 und Laser Radial tragen erneut ihre Internationale Deutsche Jugendmeisterschaft aus. Allein damit dürften schon über 500 Crews am Start sein. Und in 2021 kommt die Europameisterschaft der Laser 4.7 an die Trave-Mündung – mit erwartet 350 Athleten. Daher kann Jens Kath mit Zufriedenheit und Zuversicht feststellen: „Die Travemünder Woche ist als Veranstaltung und mit dem Revier hervorragend für das Seesegeln geeignet. Und wir dürfen sagen: Wir sind das Meisterschaftsrevier!“

Beteiligten sich am Beach Clean-Up des Vereins OEOO - die Berlinerin Claudia und ihre Töchter und Nichten. Foto: Katrin Heidemann

Beach Clean-Up: Strandbesuch mit Mülltüte
Statt mit Strandhandtuch und Badehose zog eine Gruppe von Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen am Sonntagvormittag mit Greifzangen, Mülltüten und Arbeitshandschuhen ausgestattet an den Travemünder Strand an der Nordermole. Rund 20 Freiwillige nahmen an der Beach Clean-Up Aktion des Vereins „One Earth One Ocean“ im Rahmen der Travemünder Woche teil. Zwei Stunden suchten die „Müllsammler“ den Strand nach Abfall ab und waren überrascht, wie viel sie auf dem Gelände, das auf den ersten Blick sauber erscheint, fanden.

„Normalerweise wird der Strand jeden Morgen von der Kurverwaltung gereinigt. Heute übernehmen wir mit unserem Beach Clean-Up das Aufräumen. Ich erwarte dabei nicht säckeweise Müll, sondern eher Festivalabfall, der vom Land aus ins Wasser geraten ist“, sagte Lennart Rölz vom Verein OEOO beim Start der Strandsäuberungsaktion. Mit der Aktion wolle der Verein für das Müllsammeln an sich sensibilisieren und den Leuten zeigen, wie es ist, selbst aktiv zu werden. Selbst rund um den Stand des Beach Clean-Up-Teams fand Rölz in wenigen Minuten schon beachtlich viel Müll.
Auch die Teams, die am Strand unterwegs waren, entdeckten mehr Unrat als erwartet. Zigarettenkippen, Getränkedosen, gläserne Schnapsfläschchen, Plastikverpackungen und Kronkorken landeten im Müllsack der Berlinerin Claudia, die sich mit ihren zwei Töchtern und zwei Nichten am Clean-Up beteiligte. „Wir haben in der Nähe von Venedig schon einmal bei einer ähnlichen Aktion mitgemacht und dort unglaublich viel Abfall im Naturschutzgebiet gefunden. Aber selbst hier liegt mehr, als ich gedacht hätte“, meinte die Mutter aus Berlin.
Auf den Weg zum Strandsäubern hatten sich auch die Freundinnen Filippa aus Lübeck und Lea aus Travemünde gemacht. „Wir hoffen, dass wir nicht so viel Müll finden, denn das würde bedeuten, dass die Leute ihren Abfall ordentlich wegwerfen. Wir sammeln auch manchmal alleine in unserer Freizeit am Strand Müll. Freitag waren wir schon an der Wiek unterwegs“, erzählten die Zehnjährigen.

Erich Nickel ist am Steuerrad seiner "Vera" eine Institution zur Travemünder Woche. Foto: ra

Jahrzehntelange Treue zur TW
Neben den großen Startschiffen wie der „Camargue“ und der „Libra“ nimmt sich die „Vera“ bescheiden aus. Doch an Erfahrung hat der neun Meter lange Trawler mit ihrem Kapitän Erich Nickel allen anderen Schiffen zur Travemünder Woche einiges voraus. Seit 40 Jahren ist die „Vera“ für die Segelwoche im Einsatz – Eigner Erich Nickel bringt es sogar auf 50 Jahre.

1969 war es, als er eher durch Zufall in die Travemünder Woche eingebunden wurde. Er lag mit seinem Boot an der Vorderreihe und wurde von einem TW-Verantwortlichen gefragt, ob er beim Reinschleppen helfen könne. Die Teilnehmer brauchten Unterstützung. Nickel schmiss die Maschine an, und seitdem läuft sie immer wieder für die TW. Als Startschiff und Tonnenleger brachte sich der 74-Jährige ein, inzwischen gibt der ehemalige Postangestellte den Tauchern eine Basis.


Grund genug für seine Taucher, auch mal ihren Bootsführer zu ehren. Sie gaben den Hinweis, dass Erich Nickel im 130. Jahr der Travemünder Woche selbst einen runden TW-Geburtstag feiert. Und so gab Nickel dann auch nach und der Presse einen kleinen Einblick in sein Refugium. Heimelig ist es an Bord, ein guter Ort, um auf See zu fahren. Aus dem geschützten Steuerstand heraus oder vom Oberdeck kann Nickel das 80 PS starke Boot steuern. Das Cockpit bietet Platz und guten Schutz, und im Deckshaus lädt eine Sitzecke nach der Tour zum Verweilen ein. Erich Nickel gibt zu, dass sein Schiff „seine Frau“ ist. Und die lud in den vergangenen Jahren zu mancher gemütlichen Runde ein: „Wir sind das kleinste Schiff, aber dafür das lustigste“, sagt Nickel.

Seit über zwei Jahrzehnten ist auch Dieter Büntemeyer dabei. Doch für ihn ist nach diesem Jahr Schluss. 1997 wurde er von der Werft weg mit seinem neu erworbenen Taiwan Trawler „Camargue“ für die Travemünder Woche angeworben. Seitdem schippert er mit seiner Frau Gertrud und der „Camargue“ im Juli über Rhein und Kanäle von Düsseldorf zur TW, wo seine Yacht als Startschiff im Einsatz ist. „Wir lieben Travemünde, das ist für uns wie nach Hause kommen“, erzählt er. Der Handelsvertreter a.D. hat aber beschlossen, in TW-Rente zu gehen. „Ich bin jetzt fast 88, es reicht. Wir werden das Schiff verkaufen.“ Die TW verliert einen treuen Helfer.


Programm der Travemünder Woche

Sonntag, 28. Juli

Stadtwerke Lübeck Festivalbühne im Brügmanngarten
14:00 Uhr: Salt Peanuts – Unter der Leitung von Sven Klammer bewegen sich die Peanuts stilistisch in den Genres Swing, Latin, Funk & AfroCuban.
17:00 Uhr: Urban Beach – Die Lokalmatadore aus der Lübecker Bucht präsentieren Akustik-Cover der Extraklasse
21:00 Uhr: Nie und Nimmer – Das Berliner Gesangsduo liefert eingängige Popmelodien mit persönlichen Texten.

LN- und NDR-Medienzelt
11:00 Uhr: LN-Foto-Juxbox – kostenlose Erinnerungsfotos zum Mitnehmen
11:00 Uhr: Rücken-Yoga für Jung & Alt mit Gesa, Fit in Form, Lübeck (Anmeldung: unter www.LN-Medienhaus.de/TW)
15:00 Uhr: Travemünder Shanty-Chor: begeisterte Sänger der maritimen Musik
16:00 Uhr: Kleine Zauber-Show für Kinder
20:00 Uhr: imkeandj – Jeder Song eine Welt, jeder Text eine Geschichte.

Strandbühne
14:30 Uhr: Küsten Jörn – Stimmungslieder, Seemannslieder, spritzige & unterhaltsame Moderation
19:00 Uhr: Hafenrocker – The Spirit of Rock – Classic Rock der 60/70/80er Jahre

mobiles Programm
14:00 Uhr bis 19:00 Uhr: Scubabianchi – Als interaktives Aquarium rollt der Autobianchi Qattro Posti über die Travemünder Strandpromenade und überrascht seine Beobachter

Gipsy-Village
18:00 Uhr: Al Mondy mit Oldies & Evergreens

Erdinger Biergarten
14:00 Uhr: Livemusik

Nordermole
11:00 Uhr: Inklusives Segeln
22:45 Uhr: Abschlussfeuerwerk

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